Ruhr Triennale
|
![]() |
Ruhr Triennale 2003 |
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Phèdre
|
![]() |
| ||||||||||||||||||||||||||||
Fotos: Ros Ribas | |||||||||||||||||||||||||||||
![]() |
|||||||||||||||||||||||||||||
"Die Götter ... zeigen sich niemals direkt, aber immer im Innern der Personen. Es ist diese Kraft, die das Ideal der klassischen Ästhetik bewirkt, die Synthese des Wunderbaren und des Wahrscheinlichen. Was mich herausfordert und mich leidenschaftlich bewegt ist, wie diese griechischen Mythen, die uns geschmiedet haben und deren Fackel Racine in seinem Jahrhundert übernommen hat, zu uns immer noch sprechen. Wenn es mir gelingt, sie zum Leben erwecken, ist es mir gelungen.... Ich will sehen, wie dies heute zu uns spricht, nicht wie es damals sprach." Patrice Chéreau
Die Zeitungen (z.B. Neue Zürcher
, FAZ , und
Süddeutsche Zeitung)
haben international die Inszenierung von Racine's Phädra durch Patrice Chéreau bejubelt. Die Aufführung im Odéon-Théâtre de l'Europe, dem Partner der Ruhrtriennale, löste in Paris große Begeisterungsstürme aus, weil sie klassisches Theater in einer ganz neuen Kraft zeigt.
"Patrice hat sich in seinem Anspruch nicht gebessert: Er ist total. Mit sich selbst bleibt er am anspruchsvollsten. Er wird unerbittlich sein mit sich wie mit uns oder mit dem Alexandriner, dem er den Hals umdrehen will, um das Verlangen dieser Frau und sein eigenes Verlangen hören zu lassen... |
![]() |
Nach der grandiosen Aufführung in Paris stellten sich für Bochum die Fragen nach Raum und Sprache. Patrice Chéreau bricht in Bochum mit der Guckkastenbühne und lässt die Darsteller zwischen zwei Tribühnen mit jeweils 280 Zuschauern auftreten. Hierdurch wird einerseits eine fast intime Atmosphäre geschaffen, da die Zuschauer maximal 9 Reihen von den Darstellern entfernt sind, andererseits entstehen dadurch neue Eindrücke über die wechselnde Distanz zwischen den handelnden Personen. Meisterhaft hat sich Patrice Chéreau hier Möglichkeiten geschaffen und genutzt, die auf Theaterbühnen sonst nicht gegeben sind. Künftige Aufführungen in der Jahrhunderthalle werden - vergleichbar zu den Aufführungen im Cour d'honneur von Avignon - mit danach beurteilt werden, wie sie ihre Stücke in dieses Gebäude der Industriekultur integrieren. Eine Dolmetscherin zitiert zu der Phedre-Aufführung in französischer Sprache einen deutschen Simultantext. Die Übersetzung wird bei den herausragenden Darstellern mit ihrem besonderen Sprachausdruck zu einem Fremdkörper, der eine Scheinrationalität in ein emotionales Geschehen bringt. Fast alle Zuschauer verzichteten daher auf die Kopfhörer. Der Genuß der Aufführung erfordert, dass man vorher den Text oder die Synopsis aus dem Programmheft liest, um sich dann ganz diesem Kunstwerk widmen zu können. "Dass die Jahrhunderthalle als Aufführungsort auch magischen Zauber verströmen kann, hat Patrice Chéreau mit seiner Phèdre bewiesen. In eine vergleichsweise kleine, überschaubare Ecke der Halle hat er sich zurückgezogen und mit zwei Tribünen und einer hohen steinernen Palastwand einen mondlichtkalten, weltdunklen Schauplatz geschaffen, der alle Konzentration auf die Figuren lenkt. Was für eine betörende Schauspielkunst ist in dieser (schon in Paris umjubelten) Inszenierung zu erleben! Eine Séance der minutiösen Gesten, in der ein leerer weißer Lichtkegel genügt, um die heillose Selbstentfremdung des Helden Thesée zu offenbaren; in der man allein an den Augen der grandiosen Dominique Blanc als Phèdre die ganze Gefühlsschwärze ablesen kann, die aus ihrer inzestuösen Liebe zu Hippolyt erwächst; in der ein jäh aufgerissenes Kleid und die verzweifelt zum tödlichen Stich ins Herz dargebotene blanke Frauenbrust („Frappé!“) zum dramatischen Schock gerät, den man so schnell nicht vergisst. Die Chéreau-Produktion ist der erste große künstlerische Triumph der Ruhrtriennale." Claus Spahn in Die Zeit vom 8.5.2003
|
![]() |
![]()
| |
![]() Redaktion und Gestaltung: Georg J. Vigier |